Der Bundestag hat am 26.09.2024 das vierte Bürokratieentlastungsgesetz beschlossen und damit das Ende des Schriftformgebots im Gewerbemietrecht besiegelt. Aus dem Schriftformgebot wird das Textformgebot: Mietverträge müssen nicht mehr ausgedruckt und eigenhändig unterschrieben werden; ein Scanexemplar oder ein E-Mail-Wechsel reichen künftig aus.
Das Schriftformgebot verlangt, dass Mietverträge, die eine längere Laufzeit als ein Jahr haben, schriftlich geschlossen werden müssen. Werden die hohen Anforderungen, die die Rechtsprechung an die Einhaltung des Schriftformgebots knüpft, nicht eingehalten, kann ein an sich noch langlaufender Mietvertrag kurzfristig von jeder Vertragspartei gekündigt werden. Die sog. Schriftformkündigung gilt als Chance einer vertragsreuigen Partei, sich von einem unliebsamen Mietvertrag zu lösen – ein Ärgernis für die andere Partei.
Das möchte der Gesetzgeber nun lösen. Der erhoffte Befreiungsschlag bleibt aber aus. Im Gegenteil:
Das Schriftform- bzw. (nun) Textformgebot dient dem Schutz eines Erwerbers einer Immobilie; er soll Sicherheit haben, welche Vereinbarungen bestehen, in die er mit dem Erwerb der Immobilie kraft Gesetzes eintritt. Ist eine Änderung per E-Mail oder per WhatsApp formwirksam möglich, besteht für den Erwerber das Risiko, an ihm unbekannte Vertragsinhalte gebunden zu sein. Wie soll sich ein Erwerber über E-Mail- oder gar WhatsApp-Korrespondenz hinreichend informieren? Man denke etwa nur an eine längere E-Mail-Korrespondenz, in der Verhandlung und Vereinbarung verschwimmen.
Daneben beschränkt sich das Schriftformgebot nicht auf die eigenhändige Unterschrift der Parteien; das eigentliche „Ärgernis“ ist vielmehr die umfangreiche Rechtsprechung des BGH zur „Einheitlichkeit der Urkunde“, wonach alle wesentlichen Regelungen des Mietvertrages in einer Urkunde enthalten sein müssen. Das Bürokratieentlastungsgesetz stellt diese inhaltlichen Anforderungen nicht in Frage; die strengen inhaltlichen Anforderungen an die Einheitlichkeit der Mietvertragsurkunde werden auch unter dem neuen Textformerfordernis gelten.
Im Ergebnis bringt das Gesetz weniger Erwerberschutz und mehr Folgefragen sowie Rechtsunsicherheiten für die Praxis.
Die Änderungen gelten ab dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes für neue Mietverträge; für Bestandsmietverträge gilt eine Übergangsfrist von 12 Monaten (bis dahin kann ein Mietvertrag noch wegen Schriftformverstoßes gemäß § 550 BGB a.F. gekündigt werden).
Das Gesetz bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates.